Der Hundeknocheneffekt – in der Galvanik unvermeidbar?

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Vor einiger Zeit hatten wir in unserem Podcast über den sog. Hundeknochen-Effekt in der Galvanotechnik gesprochen. Auch in unserem Fachaufsatz zum Edelmetall-Einsatz in Galvaniken findet sich ein Passus über diesen Effekt (zum Aufsatz geht es hier). Manchmal wird dieser Effekt auch als Kanten- oder Corona-Effekt bezeichnet. Das Bild des Hundeknochens hat sich aber weitestgehend durchgesetzt. Auch im englischen Sprachraum spricht man häufig vom Dog-Bone-Effekt, weil das Bild des Hundeknochens im Comic dem Phänomen so gut entspricht.
Inhalt
Wie entsteht der Hundeknochen-Effekt?
Am einfachsten ist es, sich die Elektroden, also die Anode und Kathode der galvanischen Zelle, als zweidimensionale Rechtecke vorzustellen. Zwischen der Kathode, die beschichtet wird, und den Anoden bildet sich mit Einschalten des elektrischen Stroms ein Feld aus. Dieses verläuft zwischen den Elektroden mehr oder weniger linear. Spannend wird es an den Kanten, weil sich hier die Feldlinien verdichten. Es entsteht eine Verdickung an beiden Enden unseres gedachten Kastens. Und somit erklärt sich auch der Begriff Hundeknochen-Effekt.

Praxisbeispiel des Hundeknochen-Effekts
Wir haben – aus einem ganz anderen Grund – bei der Brenscheidt Galvanik Service durch das Labor Tritech in Solingen einen Schliff anfertigen lassen. Es ging hier um den Schichtdickenverlauf eines 0,40 mm dicken, weichen Kupferbandes. Das Kupferband wurde allseitig, vollflächig mit min. 3 µm vernickelt und eine der Kanten zeigte einen Schatten.

© Tritech, Solingen
Leider ließ sich der Schatten durch den Schliff nicht aufklären. Dies gelang anders. Man kann aber insbesondere in der oberen, linken Ecke der Aufnahme gut erkennen, dass die gräuliche Vernickelung dort deutlich dicker ausfällt als beispielsweise in den relativ geraden Verläufen auf den Flächen oben und unten. An dieser Stelle sorgt der Schneidgrad noch einmal für eine Verstärkung des Hundeknochen-Effekts.
Was man in obiger Abbildung ebenfalls gut erkennen kann, ist, dass der Effekt nur eine Breite von ca. 0,4-0,5 mm in Anspruch nimmt. Empirische Untersuchungen, die wir vor einigen Jahren mal in einer Bandgalvanik durchgeführt haben, zeigten übrigens, dass zwei Kanten sich durchaus gegenseitig beeinflussen. Dabei fließen die Verdickungen langsam ineinander und werden dabei weniger ausgeprägt. Ab einem Abstand von ca. 200 mm stabilisiert sich das Phänomen. Unter 25 mm fließen die Verdickungen mehr oder weniger untrennbar zusammen.

© Brenscheidt Galvanik Service
Das Diagramm zeigt deutlich, dass ab ca. 10 mm von der Bandkante der Effekt keine Rolle mehr spielt. Hier laufen die Feldlinien parallel und es kommt zu einer homogenen Abscheidung. In der Annäherung der Bandkante hingegen springt das Schichtdickenniveau von ca. 3,5 µm auf über das Doppelte.
Stromlos erzeugte Schichten zeigen keinen Hundeknochen-Effekt
Der Hundeknochen-Effekt beschränkt sich übrigens auf elektrochemisch abgeschiedene Schichten. Stromlos erzeugte Beschichtungen wie Feuerzinn und -zink bzw. chemisch Nickel zeigen diesen Effekt nicht.
Text zu Oliver Brenscheidt.