Das Ende meines Abenteuers zeigt sich langsam am Horizont. Sogar Rubén schrieb schon und fragte, wann ich denn am Samstag am Flughafen sein müsse. Soviel dazu, dass Argentinier nicht planen. Zurzeit ist er übrigens irgendwo im Land unterwegs und bringt eine nette, alte Dame irgendwohin. Ich merke, dass ich mit meinen Mitteln haushalten muss, wenn ich nicht nochmals Pesos umtauschen will. Meine morgentliche Kleiderwahl ist mehr und mehr eingeschränkt und ich merke, dass ich darüber nachdenke, was ich auf dem Flug anziehen will. 14 Stunden auf einem Sitz sind eine Herausforderung für das Gesäß und jede Naht spielt da irgendwann eine Rolle, die ihr eigentlich nicht zustehen sollte. Ich merke, dass ich hier erlebt habe, was ich erleben wollte.
Frühstück
Da mich ja gestern die lokale Supermarkt-Mafia rüde hat hängen lassen, musste ich mich eben heute morgen um ein Frühstück kümmern. Auf meinem Weg zur Bushaltestelle liegt ein Café mit dem typisch argentinischen Namen “Le blé” (französisch für: der Weizen). Laut Google macht die Bude um 8 Uhr auf. Spätestens 8:45 Uhr muss ich meinen Bus bekommen, um rechtzeitig in der Klasse zu sitzen. Gut, zu spät kommen ist sicherlich hier keine große Sache. Aber in dieser Hinsicht bin ich deutsch bis auf die Knochen.
45 Minuten für ein Frühstück. Das sollte gehen. Dachte ich…
Natürlich macht der Laden nicht um Punkt 8 Uhr auf. Ich hatte ja auch schon die Weitsicht, erst um 8 Uhr aus meinem Apartment zu starten. Also werde ich wohl gegen 8:08 Uhr vor dem Laden gewesen sein. Irgendwie sah der komisch aus, aber ich hatte mir die Bude bisher auch noch nicht so richtig angesehen. Die Tür war angelehnt, klemmte aber ordentlich. Mit Eintritt stellte ich fest, dass neben mir nur 2 Personen im Raum waren. Die beiden Mädels waren gleich gekleidet und ich schloss messerscharf, dass es sich wohl um die Servicekräfte des Etablissements handeln musste. Beide – ich kann es nicht anders sagen – glotzen mich mit großen Augen an.
Ich suchte mir einen Platz in einer etwas helleren Ecke. Der ganze Raum war eher düster aber im Großen und Ganzen recht gemütlich. Wie ich noch so da sitze und überlege, wie ich jetzt wohl herausfinde, was hier wohl zum Frühstück serviert werden würde, begann eine der beiden Damen damit, die Rollos hochzuziehen. Ooops. Ich war wohl mehr oder weniger eingebrochen.
Man gab mir aber dann eine Karte und ich wählte die einzige Option, die nicht zu 80% aus Zucker bestand. Das Rührei war recht trocken, aber der “Buttertoast” war tatsächlich lecker. Und der Kaffee war mit ECHTER MILCH, aber leider auch aus der Klasse der sogenannten Auferstehungskaffees.
Also mit Puls 160 raus aus der Bude und rein in den Bus.
Es wird voll in Buenos Aires
Ich habe nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung warum, aber die Stadt hat sich heute Nacht heimlich gefüllt. Ich nehme ja immer die gleiche Buslinie und das immer in etwas zur gleichen Zeit. Heute war die Karre gerappelt voll. Auch auf dem Bürgersteig waren definitiv merklich mehr Menschen unterwegs, als noch gestern. Vielleicht sind irgendwelche Ferien zu Ende gegangen.
Der Tag des servierten Essens
Nachmittags werden von der Schule verschiedene Dinge angeboten. Heute war es z. B. eine Stunde über spanische Sprichwörter. Ich überlegte noch, am schwarzen Brett stehend, ob ich da vielleicht einsteigen sollte. Das Problem ist, die Zeit zwischen dem Ende der normalen Schulzeit (13:30 Uhr) und dem Beginn dieser Sonderstunden (15:00 Uhr) zu überbrücken. Mein junger Freund Alex lungerte ebenfalls am schwarzen Brett herum und fragte, ob ich teilnehmen werde. Er hätte sich schon eingetragen. Ich fragte, was er denn in der Leerlaufzeit machen werden, was er mit einem etwas ungläubigen “Essen?!” quittierte.
Da habe ich mich dann drangehängt. Es gibt einen Italiener direkt neben unserer Schule und als Schüler bekommt man dort 10% Nachlass, wenn man Essen kauft, es aber nicht dort verzehrt. Alex und sein Kumpan Jonas sind offensichtlich Stammgäste, denn Sie wurden vom Pizzamann am Eingang direkt mit Handschlag begrüßt. Bei mir gab es Ravioli mit Tomatensauce für 8.100 ARS. Nicht schlecht und nach dem Frühstück, einem Medialuna und den Nudeln muss ich heute nichts mehr essen. An der Gabel kann ich nix mehr. Da muss ich dringend wieder rauf aufs sprichwörtliche Pferd. Ich musste schon meinen Gürtel enger schnallen. Und zwar nicht sprichwörtlich.
EUR > USD > ARS
Es ist vielleicht einmal ein guter Zeitpunkt, etwas genauer hinzuschauen, was mich die Dinge hier so kosten. Der Einkauf von Waren erinnert mich hier sehr an die Spanienurlaube in der Vor-Euro-Zeit. Man verliert wegen der großen Beträge ein bisschen den Kontakt zu den echten Preisen.
Ich habe am 21.08. zu einem Kurs von 1,0507 USD/EUR getauscht. Hier habe ich einen Kurs von 1257 ARS/USD bekommen. Somit entsprechen also 1 EUR = 1320 ARS. Ein paar Beispiele des täglichen Bedarfs:
- Ein Wasser im Maxikioisko (500 ml) kosten 1.000 ARS, also 0,76 EUR
- Diesel an der Shell hier um die Ecke lag gestern bei 1.160 ARS/l, was dann also 0,86 €/l entspricht
- Meine Ravioli heute Mittag haben dann also 6,14 €
- Ich habe heute im Supermarkt überlegt, meine Schokoladenvorräte aufzufüllen. Die billigste Tafel (80g!) lag bei Sage und Schreibe 4.500 ARS, also 3,41 €. Und das bei meinem aktuellen Bargeldbestand. Es gab übrigens dann keine Schokolade. Das kommt hiermit offiziell auf die Liste der Sachen, auf die ich mich in Deutschland freuen werde. Vielleicht gibt es im Flieger was in zollfrei!
Fazit: Argentinien ist preiswert, aber nicht billig. Ihr dürft meine Rechnungen übrigens sehr gerne überprüfen. Ich weiß schon, wem es in den Fingern juckt! 🙂
Gollivers Insel
Ich habe heute im Bus mal genauer darauf geachtet: mit mir, aber ohne Fahrer waren wir 43 Personen in diesem Bus. Davon saßen 18. Die größte, stehende Person nach mir in dem Bus ging mir original bis zum Schlüsselbein. Und ich bin keine 1,90 m groß. Und ja: ich habe Zeit im Bus…
Denkst du bei der Rechenkontrolle an mich?
Nur, weil ich Lehrer bin?
Ich habe Wochenende. 😉