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Warum nicht eine eigene Galvanik bauen?

Warum nicht eine eigene Galvanik bauen?

Ist die eigene Galvanik die Lösung für alle Probleme mit der Beschaffung in der Oberflächentechnik?

Diese Frage stellt sich wohl irgendwann jedem, der gezwungen ist, mit Lohngalvaniken zu arbeiten. Diese Dienstleister haben vielfach einen relativ schlechten Ruf, was nicht immer gerechtfertigt ist. Die Galvanik ist nun einmal ein höchst komplexer Prozess, der vielen Variablen unterworfen ist, und am Ende nicht immer so läuft, wie man es sich gedacht hatte. Wie im echten Leben eben …!

Es ist also naheliegend, darüber nachzudenken, die Sache lieber selbst in die Hand zu nehmen. Doch ist die Inhouse-Galvanik die Lösung für alle Beschaffungsprobleme Rund um das Thema Oberflächentechnik? Das kann doch nicht so schwer sein! Ist es aber eben doch.

Herausforderungen beim Bau einer eigenen Galvanik:

  • Genehmigung – Zumindest in Deutschland – und in etwas geringerem Umfang auch in den Nachbarländern – ist es durchaus schwierig, eine Galvanik genehmigt zu bekommen. Das ist einer der Gründe, aus dem aktuell für Bestandsunternehmen gegenwärtig durchaus ein Markt vorhanden ist. Hier sichert man sich aus eben diesen Gründen die Genehmigung.
  • Infrastruktur – Nun ist es ja nicht damit getan, eine entsprechende Maschine zu kaufen. Sowohl an die Gebäude als auch an die umgebende Infrastruktur stellen sich zum Teil erhebliche Anforderungen. Es bedarf einer geeigneten Abwasseranlage, eines Analyselabors und dem nötigen Fachpersonal. Gut, das Labor könnte man outsourcen.
  • Auslastung – Die meisten Galvanikanlagen, die ich kenne, haben eine Ausbringung zwischen 40 und 60 %. Mehr geht meist wegen allfälliger Wartungsarbeiten oder unvorhergesehenen Ereignissen nicht. Aber auch diese Zahl erreiche ich erst, wenn die Versorgung mit Waren ausreichend sichergestellt ist. Viele Betriebe arbeiten darum gar nicht nach diesem Prinzip, sondern betrachten sich eher als Werkzeugkasten für die Bedürfnisse ihrer Kunden. Viele Maschinen stehen in diesen Unternehmen die meiste Zeit still. Es wäre auch gar nicht ausreichend Personal für eine durchgehende Beschickung vorhanden. Hier steht die Flexibilität im Vordergrund.
  • Know-how – Die elektrolytische Beschichtung von Metallteilen ist auf den ersten Blick sehr einfach und auf den zweiten ein extrem komplexer Prozess. Das Wissen um die kleinen Probleme muss sich jedes neue Unternehmen zum großen Teil erst mühsam erarbeiten. Und dies immer auf dem Rücken seiner Kunden, deren Teile es zu beschichten gilt. In jedem dieser Unternehmen sitzt irgendwo ein technisches Masterbrain, dass all diese Erfahrungen zugunsten der Prozesse und damit zugunsten der Kunden nutzbar macht. Diese Leute arbeiten in ihrem Fachgebiet meist schon über viele Jahre und der Wissenstransfer ist hier ein noch wichtigeres Thema, als er es ohnehin schon ist.

Sie bauen nicht so ohne Weiteres eine Galvanik auf der grünen Wiese, betreiben diese erfolgreich und problemlos. Das ist ein bisschen wie mit dem Beschulen der Kinder zu Hause. Das haben alle Eltern schulpflichtiger Kinder in den Zeiten des Corona-Lockdowns erlebt: Nicht die Lehrer sind das Problem.

Gründe für die Daseinsberechtigung von Lohngalvaniken

Es gibt einen sehr guten Grund, warum die Galvanotechnik auch heute noch überwiegend in kleineren und mittleren Betrieben in Form der Lohngalvanik betrieben wird. Diese Struktur ist gut für das Ergebnis. Die Flexibilität ist wichtig für unsere gesamte produzierende Wirtschaft.

Spannend wird es, dabei zuzusehen, wie das wahrscheinlich unvermeidbare Galvaniksterben rund um den Automotive-Zulieferer-Sektor dieses Spannungsfeld in den nächsten Jahren beeinflussen wird. Aktuell sind reichlich Kapazitäten vorhanden. Viele Betriebe verfügen über einen vernünftigen Anlagenbestsand in guten bis sehr guten Zuständen. Aber es gibt natürlich auch noch die sprichwörtlichen „Hinterhofgalvaniken“ mit Sägespänen am Boden, die man ohne Gummistiefel besser nicht betritt. Hier wäre eine Marktbereinigung für jeden Einzelnen schlimm, aber für die Gemeinschaft als Ganzes eine gute Entwicklung in puncto Arbeitssicherheit und Umweltschutz.

Zurzeit schützt der Corona-Rettungsschirm die Zombies noch vor dem Eintritt in die ewigen Jagdgründe. Aber: Dieser Schutzschirm wird nicht ewig halten.

Oliver Brenscheidt

Geschäftsführer

Oliver Brenscheidt ist Chemiker mit mehr als 20 Jahren Erfahrung auf allen Gebieten der Galvanotechnik. Sein Urgroßvater Otto Brenscheidt gründete schon 1919 das heute noch tätige Familienunternehmen, sein Großvater Ernst gilt als Erfinder der Durchlauf-Galvanik.

Heute ist Oliver Brenscheidt Geschäftsführer der on Metall GmbH, er gründete die Brenscheidt Galvanik Service und betreibt die Website silberbird.de.

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