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Messen in Corona-Zeiten

Nun hat es also auch den Steckverbinderkongress in Würzburg erwischt: Abgesagt wegen Corona.

Der Lockdown hat die viel beschworene Digitalisierung sicher befeuert. Fraglich bleibt, ob die Unterstützung durch die Politik nur Lippenbekenntnisse sind, oder ob Deutschland hier tatsächlich beispielsweise zum führenden KI-Standort werden kann.

Folgt nach den vermeintlichen Erfolgen von Homeoffice und Video-Konferenzen nun die virtuelle Messe?

Ich denke, dass dieses Konzept eher alter Wein in neuen Schläuchen ist. Ein Messe- oder Kongressbesuch, ja selbst der Besuch einer Weiterbildung bietet immer auch Raum für zufällige Kontakte und Anregungen. Während Letzteres durch geschickte Platzierung von Werbung und Inhalten vielleicht digital noch darstellbar wäre, ist der persönliche Kontakt nach meinen Erfahrungen nicht virtualisierbar. Zufällig treffe ich einen alten Bekannten in einer Messehalle, der wiederum zufällig mit einem Kollegen zufällig vor dem Messestand eines potenziellen Kunden steht, den ich bisher noch gar nicht auf der Liste hatte.

Wie müsste ich mir so etwas online vorstellen?

Eine virtuelle Welt wie in einem First-Person-Shooter? Nur das hinter der nächsten Ecke nicht das Grauen lauert, sondern ein Business-Mate? Ich sehe zentral in meinem Bildschirm keine Laserkanone, sondern das virtuelle Pendant meines Kugelschreibers? Statt eine Messehalle zu betreten, logge ich mich in eine Zoom-Konferenz mit 10.000 Teilnehmern ein und der Besuch eines Messestands geriert zum Einzelgespräch. Könnte ich da nicht vielleicht auch eher anrufen?

Wie also könnten Messen unter dem Eindruck der Pandemie ablaufen?

Abstand ist das Zauberwort. Weniger Aussteller, weniger Besucher, größere Messestände mit einer limitierten Anzahl von geladenen Gästen. Ja. Eigentlich einfach. Das Problem wird nur sein, dass sich damit der Preis für einen Messestand vervielfachen wird. Und weniger Besucher und Aussteller bedeutet zeitgleich auch weniger Zufälle, was die Messe wieder unattraktiver macht. Die Tendenz der rückläufigen Besucherzahlen hatten wir vor Corona nach meinem subjektiven Empfinden schon. Wir waren also vorbereitet?
 
Ich bin ehrlich enttäuscht in diesem Jahr keine Messe besuchen zu können oder an einer Messe als Aussteller teilnehmen zu können. Mir fehlen die Gespräche. Mir fehlen die kleinen und großen Gerüchte. Was mir nicht fehlt, ist die trockene Haut, der obligatorische Messeschnupfen und die dicken Füße am Abend. Aber es gibt ja immer zwei Seiten. Dass Herdentiere gerne einmal gemeinsam durch die Prärie ziehen und sich in Gesellschaft vieler am wohlsten fühlen zeigen u. a. Messen und die sind seit Neuestem sehr rar gesät. Die Galvanotechnik hätte in diesem Jahr die Surface Technology (abgesagt), die Oberflächentage (abgesagt) und die Hannover Messe (abgesagt) gehabt. Umso mehr überraschte mich in diesem Reigen, dass die Stanztec in Pforzheim stattfinden sollte. Seit Freitag ist klar: abgesagt.

Umso mehr freue ich mich auf den 14. Anwenderkongress Steckverbinder in Würzburg. Am 09. September werde ich dort einen Vortrag zum Thema Silberpassivierung halten. Sehen wir uns dort? Wer möchte, kann über uns günstigere Eintrittskarten bekommen. Oder bleiben wir doch lieber zuhause? Wegen des neuen Normal, und so?

Oliver Brenscheidt

Geschäftsführer

Oliver Brenscheidt ist Chemiker mit mehr als 20 Jahren Erfahrung auf allen Gebieten der Galvanotechnik. Sein Urgroßvater Otto Brenscheidt gründete schon 1919 das heute noch tätige Familienunternehmen, sein Großvater Ernst gilt als Erfinder der Durchlauf-Galvanik.

Heute ist Oliver Brenscheidt Geschäftsführer der on Metall GmbH, er gründete die Brenscheidt Galvanik Service und betreibt die Website silberbird.de.

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